Fünf Wochen nach Jean Ziegler in Leipzig erlebte ich in Berlin Sebastião Salgado. Aufmerkam wurde ich auf ihn im vergangenen Herbst, sah zweimal den Film „Das Salz der Erde“, in dem Wim Wenders mit Hilfe von Salgados Sohn Juliano Leben und Werk des brasilianischen Fotografen dokumentiert.
Mit seiner Frau Lélia Wanick Salgado, die mit Konzepten und Texten zu seinen Fotoprojekten beiträgt, war der Einundsiebzigjährige gestern Abend anwesend, als im Amerikahaus am Bahnhof Zoo eine Ausstellung mit Fotos aus seinem Bildband „Genesis“ eröffnet wurde, für die über Facebook 11 000 User persönliches Interesse angemeldet hatten. Etwa 200 vorwiegend jüngere Leute warteten, als wir eine halbe Stunde vor dem angekündigten Termin eintrafen. Als eingelassen wurde, mochte die Warteschlange auf 600 Personen angewachsen sein.
Ohne uns auszukennen, ging ich, Andrang ausweichend, auf gut Glück in die Ausstellung hinein und, ohne es zu ahnen, Salgado entgegen, traf auf ihn, Lélia und Juliano in einem fast leeren Ausstellungsraum an der Spitze eines offiziellen Rundgangs. Erst war ich gar nicht sicher, ihn vor mir zu haben, aber dann war es, wie bei Jean Ziegler, diese erwärmende Gewissheit, die von ihm ausging und meine Unsicherheit auflöste.
Wenn es um die Analyse der Systeme geht, in die wir heute eingebunden sind, zähle ich Salgado und Ziegler zu den wichtigsten Prominenten, obwohl, es klingt paradox, Salgado mit der sogenannten zivilisierten Menschheit seiner eigenen Auskunft nach im Grunde abgeschlossen hat. Mit „Genesis“ will er sie gar nicht mehr retten, sondern den Bestand der Natur auf dem Planeten archivieren. Für wen? Für alle Fälle. Für die stets vorhandene Wahrscheinlichkeit, dass wir der Erde noch eine Weile erhalten bleiben.
Mit nur geringer Hoffnung angereist, die Ausstellung überhaupt zu sehen, gelangen mir sogar einige Fotos mit ihm. Später im Innenhof des Hauses, sprach er in einfachem Englisch, das sogar ich zum Teil verstand, von markanten Erfahrungen mit Menschen und Natur. Wieder fühlte es sich an, wie beim Betrachten des Bildbandes, in den ich so tief hineinkam, als wäre es meine eigene Reise und ich genauso wichtig wie das Abgebildete.
Nachsatz
Wäre ich Salgado und Ziegler zwei Jahrzehnte früher begegnet, hätte ich mein Leben vermutlich anders weitergelebt. Ich denke das jetzt ganz ohne Enttäuschung, denn der Weg, den ich inzwischen gehe, hat den ihren ja doch und keineswegs zufällig gekreuzt.
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